15 führende Menschenrechts- und Zivilgesellschaftsorganisationen in Israel warnen vor einer repressiven Antisemitismus-Resolution, die im Deutschen Bundestag behandelt werden soll

15 führende Menschenrechts- und Zivilgesellschaftsorganisationen in Israel warnen vor einer repressiven Antisemitismus-Resolution, die im Deutschen Bundestag behandelt werden soll

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12. September 2024

Als Menschenrechts- und Zivilgesellschaftsorganisationen mit Sitz in Israel, die sich für die
Förderung und den Schutz der Rechte aller Menschen in Israel und in den besetzten
palästinensischen Gebieten einsetzen, verfolgen wir mit großer Sorge die Beratungen der
führenden deutschen Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU über eine
gemeinsame Beschlussvorlage zum Antisemitismus, die möglicherweise vor dem ersten
Jahrestag des 7. Oktobers eingebracht wird.

Wir sind zutiefst beunruhigt über den repressiven Charakter und die spaltenden Auswirkungen des
Antragsentwurfs (1), der von zahlreichen Wissenschaftlern, Künstlern und zivilgesellschaftlichen
Organisationen in Deutschland heftig kritisiert wurde und unseren Organisationen und unserer
Menschenrechtsarbeit schaden würde.
Tatsächlich hat der Antisemitismus seit dem 7. Oktober 2023 stark zugenommen. Diesem
beunruhigenden globalen Trend gilt es auch in Deutschland entgegenzuwirken und ihn
umzukehren. Der Kampf gegen Antisemitismus sollte jedoch inklusiv und in einen universellen
Kampf gegen alle Formen von Rassismus eingebettet sein. Bedauerlicherweise geht der Antrag
sowohl im Ton als auch im Inhalt in die entgegengesetzte Richtung.
Der vorgeschlagene Antragsentwurf gefährdet und schadet möglicherweise Juden und Israelis in
Deutschland, die offen die Vorgehensweise der israelischen Regierung gegenüber den
Palästinensern kritisieren. Paradoxerweise könnte der Beschluss daher die Vielfalt jüdischen
Lebens in Deutschland untergraben, nicht schützen.
Denn der Antragsentwurf vermengt Antisemitismus mit Kritik an Israel. Im Mittelpunkt steht die
umstrittene Arbeitsdefinition der IHRA für Antisemitismus. Der Entwurf etabliert diese Definition als
entscheidenden Maßstab für die Regulierung und Vergabe öffentlicher Fördermittel, mit
weitreichenden negativen Auswirkungen auf die deutsche Wissenschaft, Kunst und
Zivilgesellschaft.
Wir wissen, dass der deutsche Bundestag und die Bundesregierung die IHRA-Definition seit 2017
befürworten. Seither ist diese Definition jedoch Gegenstand internationaler Kontroversen und
einer intensiven wissenschaftlichen Debatte.
Führende Wissenschaftler haben alternative Definitionen entwickelt, darunter die Jerusalemer
Erklärung zum Antisemitismus. (2)
Mehr noch, die IHRA-Definition wurde zu einer Nötigungstaktik missbraucht, die von der
israelischen Regierung als Waffe eingesetzt wird, um den öffentlichen Widerstand gegen ihre
rechtswidrige und schädliche Politik zum Schweigen zu bringen, einschließlich gegen Juden,
Menschenrechtsorganisationen, die Vereinten Nationen und den Internationalen Gerichtshof. Wir
sind zutiefst beunruhigt darüber, dass ein solcher politischer Missbrauch vom deutschen
Bundestag durch einen Beschluss befördert werden könnte, in der die IHRA-Definition als
regulatorisches Instrument der Zensur festgelegt wird.
Die Auswirkungen würden über die betroffenen Akteure in Deutschland hinausgehen und unsere
Menschenrechtsarbeit in Israel und Palästina direkt untergraben. Wir haben bereits zuvor
Bedenken hinsichtlich der Instrumentalisierung der IHRA-Definition geäußert. Es ist völlig klar,
dass der Bundestagsbeschluss, wenn er auf der Grundlage des Entwurfs angenommen würde,
instrumentalisiert werden würde, um die deutsche Finanzierung unserer Menschenrechtsarbeit
anzugreifen und einzuschränken und damit unsere Zusammenarbeit mit der deutschen
Zivilgesellschaft zu untergraben. Es würde Verleumdungskampagnen gegen uns anheizen und die
zahlreichen komplexen Herausforderungen, mit denen wir im aktuellen eskalierten Kontext bereits
konfrontiert sind, noch verschärfen.
Wir begrüßen das erklärte Bekenntnis der Bundesregierung zur Bekämpfung des Antisemitismus
und setzen uns für einen entsprechenden Beschluss des Bundestages ein, die von Inklusivität und
Universalismus geprägt ist. Dementsprechend fordern wir die sie unterstützenden Parteien auf,
eine gemeinsame Resolution vorzulegen, die sich konsequent an demokratischen Prinzipien und
liberalen Werten orientiert und unsere Menschenrechtsarbeit bewahrt. Alle Finanzierungsauflagen,
die auf der IHRA-Definition basieren, sollten aus dieser Entschließung gestrichen werden.

Diese 15 Organisationen warnen vor einer repressiven Antisemitismus-Resolution:
Association for Civil Rights in Israel | Bimkom – Planners for Planning Rights | Breaking
the Silence | B’Tselem – The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied
Territories | Combatants for Peace | Public Committee Against Torture in Israel | Emek
Shaveh | Gisha – Legal Center for Freedom of Movement | HaMoked: Center for the Defence
of the Individual Human Rights Defenders Fund | Ir Amim | Peace Now | Physicians for
Human Rights-Israel | Torat Tzedek | Yesh Din – Volunteers for Human Rights

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