IPPNW startet Kampagne gegen die Militarisierung des Gesundheitswesens

IPPNW startet Kampagne gegen die Militarisierung des Gesundheitswesens

Foto: Ralph Urban / IPPNW

https://www.ippnw.de/presse/artikel/de/nein-zur-militarisierung-der-gesells.html

IPPNW-Pressemitteilung vom 31. August 2025

Nein zur Militarisierung der Gesellschaft und des Gesundheitswesens / Pressemitteilung zum Antikriegstag

Die Friedensorganisation IPPNW ruft im Bündnis mit mehr als 200 Organisationen unter dem Motto „Nie wieder kriegstüchtig! Stehen wir auf für Frieden!“ zu bundesweiten Demonstrationen gegen Hochrüstung und Krieg am 3. Oktober 2025 in Berlin und Stuttgart auf. Die Unterstützer*innen fordern von der Bundesregierung den Stopp des Hochrüstungskurses und stattdessen Abrüstung und Investitionen in Soziales, Klima und Entwicklung. Zur Kritik der IPPNW an der geplanten „Militarisierung der Gesellschaft“ gehört insbesondere die Unterordnung des Gesundheitswesens unter die Kriegstüchtigkeit.

Im Geiste der sogenannten „Zeitenwende“ soll das Gesundheitswesen auf kriegerische Auseinandersetzungen vorbereitet werden. Deutschland soll Aufmarsch- und Durchzugsgebiet von NATO-Soldat*innen werden. Die Bundeswehr rechnet mit bis zu 1.000 verletzten NATO-Soldat*innen täglich, über Jahre hinweg. Zudem wird in solchen Szenarien eine massive Flüchtlingswelle von verletzten Zivilist*innen erwartet. Dem stehen bundesweit fünf Bundeswehrkrankenhäuser mit insgesamt 1.800 Betten gegenüber – eine Kapazität, die in zwei Tagen erschöpft wäre. Das zivile Gesundheitssystem müsste einen erheblichen Teil seiner räumlichen und personellen Ressourcen dem Militär zur Verfügung stellen. Sowohl Einrichtungen der stationären Krankenhausversorgung als auch ambulante Einrichtungen wie Praxen wären in die Versorgung von Militärs und Verwundeten maximal eingebunden. Das deutsche Gesundheitswesen wäre sowohl im Krieg als auch danach überfordert.

Ein „Gesundheitssicherstellungsgesetz“ soll nach Angaben aus der Bundesregierung bis Ende des Jahres in einem ersten Entwurf vorliegen. Ziel ist eine umfassende Vernetzung ziviler und militärischer Akteure. Für Gesundheitsfachkräfte droht ein Rollenkonflikt, wenn sie in militärische Strukturen eingebunden werden. Triage im Krieg orientiert sich an der Aufrechterhaltung der Kriegsfähigkeit: Leicht verletzte Soldatinnen und Soldaten würden bevorzugt versorgt, um möglichst schnell wieder einsatzfähig zu sein. Die zivilen Patient*innen würden dabei nachrangig behandelt, was eine grundlegende Umkehr der ethischen Prinzipien der Medizin bedeutet. Eine weitere Gefahr besteht aus Sicht der IPPNW darin, dass die Illusion erzeugt wird, in einem Atomkrieg sei medizinische Hilfe möglich. Auch wenn Katastrophenübungen dies glauben machen sollen: Es gibt keine sinnvolle medizinische Vorbereitung auf einen Atomkrieg. 

„Die beste Medizin ist die Prävention von Kriegen, ob konventionell oder nuklear. Daher setzt sich die IPPNW entschieden gegen eine Militarisierung des Gesundheitswesens ein. Die einzige Möglichkeit, Leid und Tod durch Kriege zu verhindern, ist Friedenssicherung. Das Gesundheitswesen darf nicht der Logik und der Befehlsgewalt der Bundeswehr unterworfen werden. Die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und allen Beschäftigten des Gesundheitswesens bleibt die Versorgung der Patientinnen und Patienten – nicht die Unterstützung militärischer Planungen“, erklärt die IPPNW-Vorsitzende Dr. Angelika Claußen. 

Weitere Informationen zur bundesweiten Friedensdemonstration am 3. Oktober 2025
 

Weitere Informationen zur Kampagne der IPPNW gegen die Militarisierung des Gesundheitswesens

https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/ippnw-startet-kampagne-gegen-die-mil.html


Erklärung für ein ziviles Gesundheitswesen veröffentlicht / Antikriegstag 2025 in Hamburg

11.09.2025 Die Gesundheitsorganisation IPPNW startet eine Kampagne gegen die Militarisierung des Gesundheitswesens. Wichtiger Bestandteil ist eine Erklärung für ein ziviles Gesundheitswesen, zu der sich Beschäftigte aus Gesundheitsberufen öffentlich bekennen können: „Die Prävention von Kriegen, ob konventionell oder nuklear, ist die beste Medizin. Ich halte alle Maßnahmen und Vorkehrungen für gefährlich, die auf das Verhalten im Kriegsfall vorbereiten sollen. Nur kriegspräventive Maßnahmen kann ich vertreten. 

Ich lehne deshalb als Beschäftigte/Beschäftigter im Gesundheitswesen jede Schulung oder Fortbildung in Kriegsmedizin ab und werde mich daran nicht aktiv beteiligen. Ich lehne weiterhin jede Maßnahme ab, die einer Kriegsmedizin den Vorrang vor der zivilen medizinischen Versorgung gibt. Das ändert nichts an meiner Verpflichtung und Bereitschaft, in allen Notfällen medizinischer Art meine Hilfe zur Verfügung zu stellen und auch weiterhin meine Kenntnisse in der Notfallmedizin zu verbessern,“ heißt es in dem Text.

Im Geiste der sogenannten „Zeitenwende“ soll das Gesundheitswesen auf kriegerische Auseinandersetzungen vorbereitet werden. Deutschland könnte laut Militärszenarien Aufmarsch- und Durchzugsgebiet von NATO-Soldat*innen werden. Die Bundeswehr rechnet mit bis zu 1.000 verletzten Soldat*innen täglich, über Jahre hinweg. Zudem wird in solchen Szenarien eine massive Flüchtlingswelle von verletzten Zivilist*innen erwartet. Dem stehen bundesweit fünf Bundeswehrkrankenhäuser mit insgesamt 1.800 Betten gegenüber – eine Kapazität, die in zwei Tagen erschöpft wäre. Das zivile Gesundheitssystem müsste einen erheblichen Teil seiner räumlichen und personellen Ressourcen dem Militär zur Verfügung stellen.

Im Kriegsfall würden automatisch Notstandsgesetze in Kraft treten, die weitreichende Grundrechtseinschränkungen wie Dienstverpflichtungen möglich machen. Gesundheitsfachkräften droht ein Rollenkonflikt, wenn sie in militärische Strukturen eingebunden werden. Triage im Krieg orientiert sich an der Aufrechterhaltung der „Kriegsfähigkeit“: Die Behandlung von Soldat*ìnnen hätte Priorität vor zivilen Patient*innen. Insbesondere leicht verletzte Soldat*innen würden bevorzugt versorgt, um sie schnell wieder einsatzfähig zu machen. Diese sogenannte „Reverse Triage“ würde eine grundlegende Umkehr der ethischen Prinzipien der Medizin bedeuten. Eine weitere Gefahr besteht aus Sicht der IPPNW darin, dass die Illusion erzeugt wird, in einem Atomkrieg sei medizinische Hilfe möglich. Auch wenn Katastrophenübungen dies glauben machen sollen: Es gibt keine sinnvolle medizinische Vorbereitung auf einen Atomkrieg.

Die IPPNW setzt sich daher entschieden gegen eine Militarisierung des Gesundheitswesens ein. Die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten, Pflegekräften und allen Beschäftigten des Gesundheitswesens bleibt die Versorgung der Patientinnen und Patienten – nicht die Unterstützung militärischer Planungen. Die Erklärung für ein ziviles Gesundheitswesen ist angelehnt an die Frankfurter Erklärung von 1982 – eine persönliche Willenserklärung, alle kriegsmedizinische Vorbereitungs-Maßnahmen abzulehnen und sich daran nicht zu beteiligen.  Sie wurde von IPPNW-Gründungsmitglied Horst-Eberhard Richter verfasst.

Kontakt:
Marek Voigt, IPPNW-Pressereferent, Tel. 030 698074-15, E-Mail: voigt@ippnw.de

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