Archiv 21. November 2025

KoPI-Konferenz am 5. und 6. 12.2025 / Deutschlands Verantwortung für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel.

5.+6. Dezember: KoPI-Konferenz: „Deutschlands Verantwortung für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel“ | Deutscher Koordinationskreis Palästina Israel

Playlist der Redebeiträge: https://youtube.com/playlist?list=PL3NhZhwE6hciMGNZy3Eve1_Nf2vbjItyS&si=dAvko7-oG661nGPg

Bericht von Matthias Jochheim: Zivilgesellschaftliche Konferenz in Frankfurt/M, 5.12. – 6.12.2025

„Deutschlands Verantwortung für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel– so war das Thema einer Konferenz am vergangenen Wochenende in Frankfurt/M, organisiert vom Deutschen Koordinationskreis Palästina Israel. (www.kopi-online.de) Sowohl die Palästinensische Gemeinde Deutschland als auch die Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden und eine ganze Reihe deutscher Friedensorganisationen arbeiten in diesem Kreis zusammen, und diskutierten in Frankfurt mit über 150 Teilnehmenden die nach wie vor schlimme Lage der palästinensischen Bevölkerung in Gaza, aber auch in der Westbank.

Einführend wurde per Video die Sequenz aus einer Rede von F. Albanese vor Abgeordneten des EU-Parlaments gezeigt, in der sie die Passivität der EU gegenüber dem Genocid in Gaza anprangerte. – Als eine Motivations-Quelle der massiven militärischen Gewalt identifizierte Dr.Shir Hever, Geschäftsführer von BIP, dem „Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israel und Palästina“ dann die eklatanten Profite, die expandierende israelische Rüstungskonzerne wie ELBIT in der jetzigen Kriegskonjunktur einstreichen können, auf Kosten eskalierender Verschuldung des israelischen Staats. Premier Netanjahu beschrieb seine Idee von Israels Zukunft als den Weg zu einem nahöstlichen Sparta, einem Kriegerstaat. Seine eigene Bilanz: „Ich habe das Gesicht des Nahen Ostens verändert“.

George Rashmawi, Sprecher der palästinensischen Gemeinde Europa, stellte dem israelischen Rüstungs-Boom in seinem Beitrag die tiefgreifende Misere der palästinensischen Ökonomie entgegen: die weitgehende Zerstörung sowohl landwirtschaftlicher Flächen als auch der Gewerbebetriebe in Gaza, und der Entzug der elementaren Versorgung der Menschen dort, aber auch die fortschreitende Ruinierung der Ökonomie in der Westbank, durch Entzug regulärer Steuereinnahmen, immer weitere Blockierung der Verkehrswege und Ausdehnung der illegalen Siedlungen auf Kosten der palästinensischen Ortschaften und Bewohner.

Prof. Ninon Colneric, früher Richterin am Europäischen Gerichtshof, wies in ihrem Beitrag die vielfältigen Verletzungen internationaler Rechtsverpflichtungen gerade auch durch die deutsche Bundesregierung nach, in ihrer Unterstützung des israelischen Kriegs.  Ihre Schlußfolgerung: „Deutschland muß seine Haltung zu Israel ändern.“

Raif Hussein, Publizist und ehemaliger Vorsitzender der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft, referierte unterschiedliche Phasen der israelischen Siedlungspolitik, das Scheitern des Oslo-Friedensprozess und die zunehmende Apartheid auch im israelischen Kerngebiet, wo z.B. in über 900 Orten per Kommunalverfassung Bürgern arabischer Herkunft die Ansiedlung untersagt ist! Israelische Bürger palästinensischer Herkunft haben, so erfuhren wir,  nur ein Aufenthaltsrecht auf Widerruf.

Wieland Hoban, Vorsitzender der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Deutschland, wies auf die Unterschiede zwischen jüdischen und israelischen Interessen hin, die in der deutschen Medienöffentlichkeit häufig nicht wahrgenommen werden. Er berichtete etwa vom Vortrag des Publizisten Jason Stanley in der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, der dort einen Eklat auslöste, als er die israelische Regierungspolitik kritisierte. Friedensfördernde Dialoge mit palästinensischen Gruppen wie im Vorjahr in Berlin ein gemeinsamer Kongress, lösten sogar Repression durch die Polizei aus, kürzlich erst gerichtlich als widerrechtlich bewertet.

Ermutigend waren zwei weitere Beiträge des Abschlussplenum: der frühere deutsche Botschafter in Ramallah, Christian Clages berichtete von 200 Mitarbeiter*innen des Auswärtigen Amtes, die die aktuelle deutsche Politik zu Palästina/Israel für nicht tragfähig halten, nicht zuletzt die Waffenlieferungen an Israel als rechtswidrig ablehnen. Unter deutschen Diplomaten wächst Unzufriedenheit mit der Rolle als deutscher Bremser gegenüber EU-Maßnahmen zur Friedensförderung, etwa die Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel, oder auch des „Horizon“-Forschungsprogramms.

Muriel Asseburg, prominente Akteurin der Stiftung Wissenschaft und Politik, hat unlängst mit bemerkenswerter Deutlichkeit substanzielle Veränderungen der deutschen Politik zu Palästina gefordert, die sie in unserer Tagung erneut formulierte: die Chancen für einen gerechten Frieden seien derzeit schlecht, die Versorgung der Bevölkerung weiter katastrophal. Ein Ende der Besatzung taucht in Trumps „Friedensplan“ nicht auf. Die dort vorgeschlagene „Phase 2“ werde weitgehend abgelehnt, der Einsatz internationaler Truppen fraglich. Die Gefahr bestehe, dass der momentane Stand, wie in der Region bereits öfter, verstetigt werde, also Aufsplitterung des Gaza-Streifens, und weiter israelische Truppen dort.

Dagegen schlägt Frau Asseburg ein Ende für die „deutsche Staatsraison“, d.h. die quasi bedingungslose Unterstützung Israels, vor. Gemeinsam mit dem Mitarbeiter des früheren EU-Aussenkommissars Josep Borrell, Philip Holzapfel, hat sie ein Konzept verfasst, mit folgenden Elementen:

  • – Orientierung am Völkerrecht
  • – Internationale Verantwortung
  • – Selbstbestimmung beider Völker

deutsche diplomatische Verbindungen in Palästina wiederherstellen

  • – Finanzielle Konsolidierung der Palästinensischen Autonomiebehörde
  • – Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen – Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs
  • – Schritte in Richtung palästinensische Selbstbestimmung

    Ergänzungen dazu:  Internationale Journalisten wieder in Palästina zulassen –  und die Forderung: die Bremserrolle Deutschlands in Brüssel aufgeben;  Schluss mit der Straflosigkeit etwa gegenüber Mißhandlung und Ermordung palästinensischer Gefangener in israelischen Gefängnissen

    weiterer Forderungskatalog, vorgetragen von Uwe Trieschmann (IPPNW):
  • – Erneute Unterstütung von UNRWA, auch durch BRD
  • – Medizinische Hilfe nach Gaza, Aufnahme paläst. Patienten in Deutschland
  • – Freilassung politischer Gefangener

Abschließend hier die Empfehlung von Prof. Colneric: Kurze Wut in langen Zorn umwandeln


Weiterlesen

Kritiken an der „Zeitenwende“ der Evangelischen und Katholischen Kirche

Unter dem Titel „Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“ hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im November 2025 eine neue Friedensdenkschrift veröffentlicht. Die Kritik aus der Friedensbewegung und Personen ist heftig. Die Denkschrift beschreibt den Weg vom gewaltablehnenden Pazifismus hin zu einer Verantwortungsethik, die den Krieg akzeptiert.

Pressemitteilung des Aktionsbündnisses “atomwaffenfrei.jetzt” vom 11.11.2025

Friedensgruppen entsetzt über „nukleare Zeitenwende“ in der EKD – atomwaffenfrei.jetzt

Das Aktionsbündnis „atomwaffenfrei.jetzt“ kritisiert die neue EKD-Friedensdenkschrift „Welt in Unordnung – Gerechter Frieden im Blick“ als Kapitulation der christlichen Friedensethik vor der staatlichen Aufrüstungsraison. Das Bündnis von über 70 Friedensorganisationen, dem auch viele kirchliche Gruppen angehören, sieht in dem Papier eine „nukleare Zeitenwende“ und bedauert den Rückfall der EKD in längst überholt geglaubte Positionen für die Rechtfertigung nuklearer Abschreckung. Dass nun öffentlich der Eindruck entsteht, der Besitz von Atomwaffen sei friedensethisch vertretbar, hält das Aktionsbündnis für verheerend und gefährlich.

„Die seit Jahrzehnten zugestandene Gewährung einer Noch-Frist für eine Akzeptanz von Atomwaffen durch die Kirchen ist längst abgelaufen. Das hat Papst Franziskus bereits 2019 in seiner Rede in Hiroshima festgestellt, als er den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch geißelte“ betont Martin Singe, Sprecher des Aktionsbündnisses. Die Atomwaffenstaaten seien ihrer Verpflichtung zu nuklearer Abrüstung aus dem Nichtverbreitungsvertrag nicht einmal ansatzweise nachgekommen und hätten somit die ethische Duldungsfrist verwirkt. „Wir erwarten daher von der evangelischen Kirche keine Legitimation dieser Politik, sondern einen klaren, friedensethisch begründeten Ruf nach sichtbaren Schritten zu einer Welt ohne Atomwaffen.“

„Auch kirchliche Basisgruppen kämpfen seit Jahren in Büchel für den Abzug der hier gelagerten US-Atombomben. Die EKD fällt deren Engagement mit der neuen Denkschrift in den Rücken“, konstatiert Hildegard Slabik-Münter von der Friedensgruppe Daun in der Eifel. Der Atomwaffenstandort Büchel wird gerade mit über zwei Milliarden Euro für die neuen F‑35-Atombomber der Bundeswehr und für zielgenauere US-Atombomben umgebaut. Das Aktionsbündnis hofft, dass die evangelische Kirchenbasis der Kirchenleitung klaren Widerspruch entgegensetzt, wie es der Friedensbeauftragte der EKD, Friedrich Kramer, bereits getan hat: „Ich bin der Meinung, wir sollten bei einem klaren Nein ohne jedes Ja bleiben“, hatte der Landesbischof der mitteldeutschen Kirche am gestrigen Montag zum Thema Atomwaffen gesagt. Dem schließt sich das Aktionsbündnis „atomwaffenfrei.jetzt“ vorbehaltlos an.

Zur Ansicht: Zusammenfassung Friedensdenkschrift 2025 – EKD

Weitere Reaktionen zur evangelischen Denkschrift und auch zur Katholischen Kirche in Zeiten der Kriegsertüchtigung von u.a. Michael von der Schulenburg

Weiterlesen

Newsletter Sand im Getriebe – Sondernummer Nov 2025: Gaza

„DAS ENDE JEDER KOLONIALEN BESATZUNG IST EINE UNVERZICHTBARE VORAUSSETZUNG FÜR EINEN GERECHTEN UND DAUERHAFTEN FRIEDEN“ (CETIM und IADL, S. 10)

PDF-Datei: https://www.sand-im-getriebe.org/media/pages/artikel/sig-veroffentlichungen-zum-thema-israel-palastina/9b73457830-1762848033/sig-sondernummer-6-gaza-10-nov25.pdf

(weitere Hefte zu Palästina hier: https://www.sand-im-getriebe.org/artikel/sig-veroffentlichungen-zum-thema-israel-palastina )

Newsletter abonnieren: https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/sig-sandimgetriebe/

48 Seiten / Gedruckte Exemplare können bestellt werden / 2 Euro plus Versandkosten / Bestellung per E-Mail an die Redaktion: sand-im-getriebe@posteo.de

THEMEN:

  • Stimmen zu Trumps 20-Punkte-Plan
  • Israelische Besatzung
  • Wirtschaftliche Interessen
  • Verbrannte Erde
  • Wiederaufbau?
  • Komplizenschaft
  • Palästinensische Strategien
  • Solidaritätsaktionen
Weiterlesen

Kasseler Friedensratschlag 2025 – Redebeiträge

Eröffnungspanel (youtube)

Da der Video-Mitschnitt im ersten Beitrag Tonaussetzter bzw. unsynchrone Abschnitte enthält, hier ein sauberer Schnitt der Audio-Spur:

Weitere Dokumentationen über die Startseite vo Bundesausschuss Friedensratschlag

Außerdem hier: